
Haftung
für wettbewerbswidrige
bewertungen.
Haftung
für wettbewerbswidrige
bewertungen.
von
Gerichte entscheiden zu Kundenbewertungen auf Unternehmenswebseiten. Die Landgerichte Bochum und Frankfurt a.M. haben in zwei voneinander unabhängigen Verfahren entschieden, dass sich Unternehmen Aussagen innerhalb veröffentlichter Kundenbewertungen zurechnen lassen müssen und hierfür wettbewerbsrechtlich verantwortlich sind.
Sind Unternehmen für Aussagen innerhalb von
Kundenbewertungen verantwortlich?
Ja, sagen das LG Bochum mit Urteil vom 21.11.2024 – Aktenzeichen 14 O 65/24 und das LG Frankfurt a.M.
mit Urteil vom 20.12.2024 – Aktenzeichen 3-08 O 38/22 in zwei kurz hintereinander ergangenen Entscheidungen vom November und Dezember des Jahres 2024.
Kunden Beschreiben Produkt als bekömmlich
Das LG Bochum ging der Frage nach, ob die Veröffentlichung von Kundenbewertungen, die ihrerseits wettbewerbswidrige Aussagen enhalten, wettbewerbswidrig ist, wenn das Unternehmen zuvor eine strafbewehrte Unterlassungserklärung in Bezug auf diese Aussagen abgegeben hat. Konkret hatte das Unternehmen zuvor diverse Kaffeesorten mit den Angaben „bekömmlich“ und „magenschonend“ beworben. Nachdem es hierfür abgemahnt wurde, erklärte es künftig auf derartige Angaben zu verzichten. Auf der Webseite des Unternehmens wurden Kundenbewertungen in Form eines Bewertungsbandes, dass sich am Ende der Angebotsseite einzelner Artikel befand, wiedergegeben. In verschiedenen Bewertungen hatten einzelne Kunden die Produkte jeweils als „bekömmlich“ beschrieben. Ein Wirtschaftsverband forderte mit Blick auf die Unterlassungserklärung von dem Unternehmen, diese Bewertungen zu entfernen. Das Unternehmen weigerte sich. Zu Unrecht, so dass LG Bochum.
Da die Beklagte für diese Bewertungen eine Darstellungsmöglichkeit geschaffen hat und sie werbend nutzt, sind ihr diese Verstöße auch zuzurechnen
Auf Verwendung von Bewertungstools Dritter kommt es nicht an
Das Unternehmen hatte sich darauf berufen, dass die Kundenrezensionen auf der Webseite nicht durch eigene Mitarbeiter veranlasst wurden. Da die Bewertungen über ein Bewertungstool eines Dritten laufen, habe das Unternehmen auf den Inhalt der Einträge keinen Einfluss gehabt und sei nicht in der Lage gewesen Bewertungen herauszunehmen oder zu ändern. Die Kunden, die das Bewertungstool nutzen, seien nach Ansicht des Unternehmens allein für den Inhalt der Beiträge verantwortlich. Bei deren Aussagen handle es sich um von der Meinungsfreiheit geschützte Äußerungen.
Das Landgericht Bochum fand dies nicht überzeugend. Es führte aus, dass sich das Unternehmen die Aussagen der Kunden werbend zu eigen macht, sodass diese ihm zuzurechnen sind. Hierzu führte es mehrere Gründe an. Zum einen stammen die Bewertungen von verifizierten Kunden, sodass den Bewertungen eine besondere Bedeutung für künftige Kunden zukommt. Zum anderen erhalten die Bewertungen durch die konkrete Ausgestaltung der Webseite, die die Bewertungen spezifisch bei Aufruf einzelner Produkte einblendet, einen bewusst werbenden Charakter. Hierdurch schafft das Unternehmen nicht nur Informationsgewinn, sondern will durch die Öffentlichkeit der Bewertungen Werbung für seine Produkte machen und damit auch Entscheidungshilfe für andere Kunden geben.
Unternehmen hat auf dritte einzuwirken oder sich Aussagen zurechnen zu lassen
Den Einwänden des Unternehmens entgegnete das Gericht, dass sich das Unternehmen nicht von seiner Verantwortung für die von ihm gesetzte Werbung entziehen kann, indem es ein Tool verwendet, dass über einen anderen Anbieter läuft. Vielmehr muss das Unternehmen auf den Dienstleister, der dieses Tool betreut, Einfluss nehmen, damit dieser Bewertungen, die im Hinblick auf Unterlassungsverpflichtungen problematisch sind, herausnimmt. Macht es das nicht, so hat es sich die Aussagen zurechnen zu lassen.
Auch LG Frankfurt a.M. rechnet Kundenbewertungen zu
Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte auch das LG Frankfurt a.M. (Urteil vom 20.12.2024, Az. 3-08 O 38/22) hinsichtlich der zu entscheidenden Frage, ob irreführende Aussagen in Kundenbewertungen dem Unternehmen zuzurechnen sind. Konkret hatte ein Kosmetikanbieter eine Haartinktur mit Mandarinenextrakt angeboten. Dabei pries das Unternehmen an, dass durch das Produkt graue Haare reduziert würden. Belege für diese Aussage führte es nicht an. Dafür aber Kundenbewertungen die dies stützten. In den Bewertungen fanden sich Äußerungen wie:
Meine Haare haben einen schönen Farbton bekommen … keinen Ansatz mehr vom Färben.
Ich nutze (…) fast jeden Morgen. Die Wirkung ist nach wenigen Wochen sichtbar. Färben werde ich meine Haare nun nicht mehr.
Hierin erblickte ein Verbraucherschutzverband eine irreführende Werbung und ging gerichtlich gegen das Unternehmen vor. Wie sich herausstellte, zu Recht.
Äußerungen in Kundenbwertungen sind der Beklagten zuzurechnen, wenn diese sich die Aussagen zu eigen gemacht […] hat
Das Landgericht Frankfurt a.M. kam zum Ergebnis, dass die Aussage, wonach das Produkt graue Haare reduziere, nicht belegt und damit irreführend war. Dies galt auch vor dem Hintergrund, dass diesbezüglich ein großzügiger Maßstab angelegt wurde, wonach die Aussage zumindest durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt sein muss, ohne dass ein wissenschaftlicher Nachweis wie bei gesundheitsbezogenen Angaben erforderlich ist.
Unternehmen macht sich Aussagegehalt zu eigen
Hinreichende oder überprüfbare Nachweise erkannte das Gericht nicht. Infolgedessen sah es auch in den veröffentlichten Kundenbewertungen irreführende Werbehandlungen, da sich das Unternehmen durch die Ausgestaltung der Webseite den Aussagegehalt der Kundenbewertungen zu eigen gemacht hat. Das Gericht differenzierte dabei zwischen Bewertungen auf Online-Handelsplattformen und Bewertungen auf der eigens eingerichteten Webseite. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen mittels der hervorgehobenen Darstellung der Bewertungen auf der eigenen Webseite bewusst das Vertrauen in das Produkt stärken wollte. Daher hat das Unternehmen auch die volle Verantwortung für den Inhalt der Aussagen in diesen Kundenbewertungen zu übernehmen.
Fazit
Unternehmen können sich ihrer Verantwortung für Aüßerungen von Kunden in veröffentlichten Kundenbewertungen nicht entziehen, indem sie pauschal darauf verweisen, dass es sich um fremde Aussagen handelt. Soweit Unternehmen Kundenbewertungen auf Produktebene einblenden, müssen sie sich regelmäßig auch den Inhalt der Aussagen zurechnen lassen.
Die weitreichende Bedeutung liegt auf der Hand. Unternehmen müssen die von ihnen veröffentlichten Bewertungen ständig überwachen und auf wettbewerbswidrige Inhalte hin überprüfen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, kostspielig abgemahnt zu werden. Es ist daher abzuwägen, ob die Vorteile der Einblendung von Bewertungen die drohenden Nachteile überwiegen. Insbesondere Anbieter in Bereichen, in denen strenge werberechtliche Vorgaben gelten – etwa im Bereich der Arzneimittelwerbung, der Werbung im Gesundheitsbereich oder der Werbung für Lebensmittel – sind gut beraten, sich frühzeitig rechtlich abzusichern und ihre Marketingstrategie rechtssicher zu gestalten.
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