Unlautere Werbung durch Testbericht, Wettbewerbsrecht, Rechtsanwalt, vergleichende Werbung

Unlautere

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Können Testberichte unlautere Werbung sein? Wo liegen die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit, objektiver Testberichterstattung und unlauterem Wettbewerb. Ein Urteil des OLG Stuttgart gibt Klarheit für alle, die im Online-Marketing und Influencer-Bereich tätig sind.

Gaming-Stuhl im Kreuzfeuer der Kritik

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein renommierter Hersteller von Gaming-Stühlen, dessen Produkt von einem Testportal in Text- und Videoberichten massiv kritisiert wurde. Die Betreiber des Testportals, die sich selbst als unabhängige Experten und Berater für Gaming-Stühle präsentierten, warfen dem Hersteller der Gaming-Stühle Irreführung, Unehrlichkeit und sogar „Verarsche“ der Kunden vor.

Konkret ging es um Vorwürfe wie:

  • Der Stuhl sei keine Eigenentwicklung des Herstellers, sondern lediglich ein umgelabeltes Produkt.
  • Die beworbene 5-Jahres-Garantie sei eine „Nicht-Garantie“ oder „Pseudo-Garantie“, da sie wesentliche Teile ausschließe und an Bedingungen geknüpft sei.
  • Es gäbe irreführende Angaben zu Produkteigenschaften, beispielsweise bei den Armlehnen.
  • Es gab allgemeine Anschuldigungen von „Schummelei“, „Lügen“ und „Werbegewäsch“.
  • Zudem wurde eine Insolvenz einer verbundenen Firma erwähnt, die die Garantieansprüche gefährden könnte.

Der Hersteller wollte sich dies nicht gefallen lassen und ging des Testportal aus Wettbewerbsrecht vor.

LG Stuttgart: UNlauter, aber Keine vergleichende Werbung

Das Landgericht Stuttgart entschied zunächst, dass das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zwar anwendbar sei, die beanstandeten Aussagen jedoch nicht als vergleichende Werbung im Sinne vdes Wettbewerbsrechts einzuordnen seien. Stattdessen prüfte es die Aussagen unter dem Gesichtspunkt der Irreführung und untersagte daraufhin etwa die Hälfte der kritisierten Äußerungen.

Beide Parteien legten gegen die Entscheidung Berufung ein. Der Gaming-Stuhl-Hersteller forderte ein umfassenderes Verbot der Aussagen, während die Portalbetreiber die vollständige Abweisung der Klage anstrebten.

OLG Stuttgart: Klare Kante gegen irreführende Tests

Das OLG Stuttgart gab mit Urteil vom 11.06.2025 – Az. 4 U 50/25 der Berufung des Herstellers weitgehend statt und wies die Berufung der Portalbetreiber zurück. Es untersagte den Beklagten, eine Reihe weiterer kritischer Aussagen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

Mittelbares Wettbewerbsverhältnis

Das OLG bejahte ein wettbewerbsrechtlich relevantes Verhältnis zwischen den Parteien. Auch wenn der Portalbetreiber selbst keine Stühle verkaufe, fördert er durch ihre Testberichte den Absatz von Gaming-Stühlen anderer Hersteller (zum Beispiel durch Affiliate-Links zu Wettbewerbern) und stehen somit in einem „mittelbaren Wettbewerbsverhältnis“ zum klagenden Hersteller.

Geschäftliche Handlung

Die Tätigkeit des Testportals wurde als „geschäftliche Handlung“ im Sinne des UWG eingestuft. Das Gericht stellte fest, dass sich die Betreiber des Portals als Experten präsentieren und mit ihren Tests die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen wollen, um den Absatz fremder Produkte zu fördern. Dies sei auch durch Affiliate-Vereinbarungen mit verschiedenen Herstellern wirtschaftlich motiviert.

Keine rein journalistische Tätigkeit

Für das OLG war entscheidend, dass es den Argumenten des Testportals, sie würden rein journalistisch und unabhängig arbeiten, nicht folgte. Der „Schwerpunkt der Tätigkeit” liege in der Absatzförderung von Gaming-Stühlen. Die Testberichterstattung ist werbefinanziert und es fehlt an einer klaren Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten, wie sie etwa bei Printmedien üblich ist. Affiliate-Links generieren direkt Umsätze.

Die Handlung ist offenkundig darauf gerichtet, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren eines fremden Unternehmens zu fördern.

vergleichende Werbung

Im Gegensatz zum Landgericht sah das OLG die beanstandeten Äußerungen auch als vergleichende Werbung an. Da die Aussagen auf unzutreffenden Tatsachenannahmen basierten, den Ruf des Herstellers herabsetzten und verunglimpften und somit den Wettbewerb beeinträchtigten, stellten sie einen unlauteren Wettbewerbsverstoß dar.

Was bedeutet dieses Urteil des OLG Stuttgart?

Dieses Urteil des OLG Stuttgart verdeutlicht, dass die Abgrenzung zwischen unabhängiger Berichterstattung und kommerzieller Handlung fließend ist. Sobald ein Testportal oder Influencer wirtschaftlich von der Förderung fremder Produkte profitiert (z. B. durch Affiliate-Links), kann seine Tätigkeit als geschäftliche Handlung und sogar als vergleichende Werbung eingestuft werden. Die Behauptung einer rein journalistischen Arbeit wird dann kritisch hinterfragt.

Transparenzpflichten

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit maximaler Transparenz. Wer vorgibt, unabhängig zu testen, aber über Affiliate-Links Umsätze generiert, muss dies klar kenntlich machen und darf keine irreführenden oder gar rufschädigenden Behauptungen aufstellen.

Schutz vor unlauterem Wettbewerb

Für Hersteller, die von unfairen und irreführenden „Testberichten” betroffen sind, bietet das Urteil eine wichtige Grundlage, um sich wettbewerbsrechtlich gerichtlich zur Wehr zu setzen. Es stärkt den Schutz vor unlauterer Werbung und fördert einen fairen Wettbewerb.

Herausforderung für Content Creator

Influencer und Betreiber von Testseiten müssen ihre Geschäftsmodelle und die Art ihrer Kommunikation genau prüfen. Eine rein kritische Auseinandersetzung mit Produkten ist weiterhin erlaubt, jedoch müssen unwahre Tatsachenbehauptungen und diffamierende Äußerungen unterlassen werden – insbesondere, wenn die Tätigkeit einen kommerziellen Bezug hat.

Fazit

Das Urteil macht deutlich, dass Testportale und Influencer sich nicht hinter vermeintlicher journalistischer Freiheit verstecken können, wenn Sie in Wahrheit Werbung für Dritte machen.

Das Urteil zeigt, dass Hersteller sich effektiv gegen solche „Berichterstattung“ auch wettbewerbsrechtlich wehren können.

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