
Türkei-Importe
ohne
erschöpfung.
Türkei-Importe
ohne
erschöpfung.
von
Dürfen türkische Markenwaren einfach nach Deutschland importiert werden, wenn der Hersteller sie dort legal verkauft? Der Bundesgerichtshof gibt eine klare Antwort – und die könnte teuer werden für Parallelimporteure.
Parallelimport von Mehmet Efendi Kaffee
Eine türkische Kaffeerösterei vertreibt ihren Kaffee sowohl in der Türkei als auch über einen Distributor in der EU unter der Marke „Kurukahveci Mehmet Efendi“. Eine deutsche Lebensmittelgroßhändlerin importierte jedoch den in der Türkei hergestellten und dort in Verkehr gebrachten Kaffee direkt nach Deutschland – ohne Zustimmung der türkischen Markeninhaberin.
Die Kaffeerösterei sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte und mahnte die Großhändlerin erfolglos ab. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH), der eine grundlegende Entscheidung zur Erschöpfung von Markenrechten im Verhältnis zur Türkei treffen musste.
Hintergrundwissen
Was
bedeutet
Erschöpfung
im
Markenrecht?
Die Erschöpfung ist ein zentrales Prinzip im Markenrecht.
Bringt ein Markeninhaber seine Waren selbst oder mit seiner Zustimmung durch Dritte in einem bestimmten Gebiet in den Verkehr, „erschöpfen” sich seine Markenrechte für diese konkreten Waren in diesem Gebiet. Das bedeutet, dass er den Weiterverkauf dieser Waren in diesem Gebiet nicht mehr verbieten kann.
In der EU tritt Erschöpfung nur ein, wenn die Waren mit Zustimmung des Markeninhabers im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), also in der EU sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen, in den Verkehr gebracht wurden. Werden Waren außerhalb des EWR verkauft, können Parallelimporte grundsätzlich untersagt werden.
Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen allerdings dann, wenn der Markeninhaber berechtigte Gründe hat, sich dem Vertrieb der Waren zu widersetzen, beispielsweise wenn der Zustand der Waren nach dem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert wurde.
BGH: Keine Sonderstellung für die Türkei
Der BGH bestätigte in seinem Urteil vom 3. Juli 2025 – Az. I ZR 226/24 die Rechtsauffassung der Vorinstanzen und wies die Revision der Großhändlerin zurück. Der BGH stellt klar:
Das Inverkehrbringen von Ware (hier: Kaffee) in der Türkei unter einer Bezeichnung, die nach der Unionsmarkenverordnung geschützt ist, führt nicht zur Erschöpfung der Markenrechte mit der Folge, dass der Markeninhaber das Recht hat, eine ohne seine Zustimmung erfolgte Einfuhr dieser Ware in den Europäischen Wirtschaftsraum zu untersagen.
Assoziierungsabkommen hilft nicht
Die Großhändlerin hatte argumentiert, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei verbiete handelsbeschränkende Maßnahmen und müsse zu einer Erschöpfung der Markenrechte führen. Der BGH erteilte dieser Auffassung eine Absage. Zwar enthalte das Abkommen ein Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen, jedoch auch eine ausdrückliche Ausnahmeregelung für den Schutz gewerblichen Eigentums.
Das Gericht betonte, dass das Assoziierungsabkommen nicht das Ziel der Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarkts wie innerhalb der EU verfolge, sondern lediglich eine wirtschaftliche Zusammenarbeit bezwecke. Eine Gleichstellung mit EU-Mitgliedstaaten sei daher nicht vorgesehen.
Was Unternehmen bei Importen aus der Türkei beachten müssen
Das Urteil schafft für Markeninhaber Rechtssicherheit. Sie können Parallelimporte aus der Türkei in die EU auch dann untersagen, wenn sie ihre Waren dort selbst vertreiben.
Importeure sollten dagegen vorsichtig sein. Wer Markenware aus der Türkei ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nach Deutschland einführt, riskiert kostspielige Abmahnungen und Unterlassungsklagen. Das gilt auch für andere Drittstaaten außerhalb des EWR.
Importeure sollten daher folgende Maßnahmen ergreifen:
- Vertragliche Absicherung bei Lieferanten
- Vor Import prüfen, ob Markenrechte in der EU bestehen
- ggfs. Zustimmung des Markeninhabers einholen
- rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Fazit
Das BGH-Urteil stellt unmissverständlich klar, dass die Erschöpfung von Markenrechten auf den EWR begrenzt ist. Auch besondere Handelsabkommen wie das EU-Türkei-Assoziierungsabkommen ändern daran nichts.
Unternehmen sollten sich daher nicht darauf verlassen, dass Markenrechte durch Verkäufe in Drittstaaten automatisch erschöpft sind. Bei Unklarheiten sollte rechtzeitig rechtlicher Rat in Anspruch genommen werden, um teure Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und das eigene Geschäftsmodell abzusichern.
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