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Keine Pillen

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Der Bundesgerichtshof hat klargestellt: Apotheken ohne Notdienst dürfen an Sonn- und Feiertagen keine Medikamente liefern lassen. Das Urteil stärkt das Sonntags- und Feiertagsruhegebot – auch gegenüber digitalen Lieferdiensten.

Verstoß gegen Ladenöffnungsgesetz

Für Betreiber von Ladengeschäften gelten an Sonn- und Feiertagen besondere Bestimmungen was die Regelung der Ladenöffnungszeiten und Arbeitsverbote angeht. Hierbei ist die Ausgestaltung den einzelnen Bundesländern überlassen. Der Bundesgerichtshof hat sich zu dieser Rechtslage mit Urteil vom 06.03.2025 – I ZR 20/24 mit Blick auf einen Kölner Apothekenbetreiber geäußert und klargestellt, dass auch die bloße Lieferung durch einen externen Lieferdienst gegen das landesrechtlich vorgesehene Ruhegebot am Sonn- und Feiertag verstößt.

Ein Apotheker, der […] seine Kunden an Sonn- und Feiertagen durch einen Lieferdienst mit Arzneitmitteln beliefern lässt […] verstößt gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW, auch wenn er die Verkaufsstelle seiner Apotheke geschlossen hält.

Beim Beklagten handelte es sich um einen Apothekenbetreiber aus Köln, der mit einem Unternehmen kooperierte, das einen Apotheken-Lieferservice für Verbraucher anbietet. Über eine Smartphone-App konnten Verbraucher bei teilnehmenden Apotheken Produkte bestellen. Die bestellten Produkte wurden dabei von einem Botenfahrer des Lieferdienstes in den Apotheken abgeholt und anschließend an die Verbraucher ausgeliefert. Der Kölner Apothekenbetreiber belieferte Kunden auch außerhalb seiner Notdienstzeiten an Sonn- und Feiertagen überwiegend mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln über den Lieferdienst.

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt geht vor

Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt ging gegen die Belieferung außerhalb der Notdienstzeiten vor. Sie forderte den Apothekenbetreiber auf, die Belieferung außerhalb der eigenen Notdienstzeiten an Sonn- und Feiertagen zu unterlassen. Sie stufte die Belieferung außerhalb der Notdienstzeiten als Verstoß gegen das Ruhegebot ein und sah sie daher als wettbewerbswidrig an.

Der Apothekenbetreiber hatte dagegen argumentiert, dass kein wettbewerbswidriges Handeln vorläge, da schon keine entsprechende Norm i. S. d. § 3a UWG gegeben sei, die gebrochen wurde. Die Schließung der Apotheken in Nordrhein-Westfalen beruhe nicht auf einem Gesetz, sondern auf einer Schließungsverfügung der zuständigen Apothekenkammer. Diese falle als Verwaltungsakt nicht unter den Begriff der gesetzlichen Vorschrift. Zudem sehe die Apothekenbetriebsordnung als Bundesregelung die ständige Dienstbereitschaft von Apotheken auch an Sonn- und Feiertagen vor, sodass diese Vorgabe als Bundesregelung ohnehin der Anordnung der Schließung vorgehe. Der Bundesgerichtshof sah dies jedoch anders.

Verwaltungsakte stellen […] keine gesetzlichen Vorschriften im Sinne des § 3a UWG dar. Soweit sie allerdings lediglich den Gesetzbefehl wiederholen, liegt in einer Nichtbefolgung des Verwaltungsakts zugleich eine Zuwiderhandlung gegen die gesetzliche Vorschrift, so dass § 3a UWG unmittelbar eingreifen kann.

Bundesregelung hindert nicht die Anordnung von Apothekenschließungen

Der Bundesgerichtshoft stellte klar, dass der Gesetzgeber mit der Änderung der Apothekenbetriebsordnung die Regeln verbessern wollte, die mit der Herstellung, Lagerung und sicheren Abgabe von Medikamenten zu tun haben. Daneben ging es darum, neue Begriffe zu klären und sich an aktuelle Gesetze und Erfahrungen aus der Praxis anzupassen. Ein nunmehr nicht mehr enthaltener Verweis auf die Regelungen zum Ladenschluss lag einzig daran, dass die Gesetzgebungskompetenz hierfür auf die Länder übergegangen ist. Dabei war aber nie geplant, dass dadurch die Regeln der Bundesländer zum Ladenschluss außer Kraft gesetzt werden. Das Zusammenspiel der bestehenden Regeln sollte weiter gelten. Im Gegenteil: Mit der Änderung wollte der Bund anerkennen, dass jetzt die Bundesländer für die Ladenschlussregeln zuständig sind.

SchliessungsAnordnung dient zugleich der Wettbewerbsneutralität

Bei der Vorschrift des § 3 FeiertagsG NRW handelt es sich – ebenso wie bei § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW – um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Sie dient zwar in erster Linie dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, soll aber auch für Wettbewerbsneutralität zwischen den Wettbewerbern sorgen.

Der Bundesgerichtshof führte aus, dass ein Verstoß gegen einen Verwaltungsakt der Apothekerkammer, der auf Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 1 des Ladenöffnungsgesetzes NRW erlassen wurde und bestimmt, dass Apotheken an Sonn- und Feiertagen im Wechsel geschlossen sein müssen, zugleich einen Verstoß gegen eben diese gesetzliche Vorschrift darstellt. Die Schließungsanordnung der Kammer konkretisiert das gesetzliche Gebot, Apotheken an diesen Tagen geschlossen zu halten, und legt fest, welche Apotheken an welchen Tagen betroffen sind.

Öffnung der Verkaufsräume nicht entscheidend

Der Bundesgerichtshof stellte zudem klar, dass unbeachtlich ist, dass der Verkaufsraum der Apotheke, die sogenannte Offizin, für die Auslieferung nicht geöffnet wurde. Die Anordnung der Schließung hat den Inhalt, dass ein Verkauf weder über die Offizin noch über andere Räume der Apotheke erfolgen darf. Indem der Apothekenbetreiber bei geschlossener Offizin die übrigen Räume seiner Apotheke als Verkaufsstelle nutzt und Produkte zur Auslieferung bringt, die Verbraucher über die Smartphone-App bestellen, verstößt er gegen die Anordnung und handelt damit wettbewerbswidrig.

Fazit

Auch der Versand von Arzneimitteln aus nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen stellt einen Verstoß gegen landesrechtliche Schließungsanordnungen dar und ist wettbewerbswidrig. Das Ruhegebot gilt damit unabhängig davon, ob die Verkaufsräume geöffnet sind oder nicht. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung landesrechtlicher Vorschriften zur Ladenschließung. Auch in diesem Zusammenhang lohnt sich eine Beratung um wettbewerbsrechtliche Risiken zu minimieren.

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