
Kein Werktitelschutz
für
Moneypenny.
Kein Werktitelschutz
für
Moneypenny.
von
Kann eine Roman- oder Filmfigur selbst ein Werk sein? Und wann wird ein Name wie „Moneypenny“ zum Werktitel? Der BGH musste klären, ob die Bond-Figur Miss Moneypenny genug Eigenständigkeit besitzt, um Marken Dritter zu verdrängen.
Miss Moneypenny
Es ist ein interessantes Aufeinandertreffen zweier sehr unterschiedlicher Welten. Auf der einen Seite steht das glamouröse und weltweit bekannte Bond-Franchise mit seinen ikonischen Figuren und klarer Rollenverteilung. Auf der anderen Seite steht ein modernes Unternehmenskonzept aus Deutschland, das Assistenz- und Büroservices unter dem Namen „MONEYPENNY“ anbietet – inklusive Franchise-System, Marken, Domains und Internetauftritt.
Der Name ist verführerisch: kompetent, souverän, diskret – ein Attributsbündel, das in der Assistenzbranche bestens funktioniert. Doch darf ein Unternehmen eine Bezeichnung nutzen, die aus einem der erfolgreichsten Filmfranchises der Welt stammt?
Die Filmgesellschaft sah das anders und berief sich unter anderem auf Werktitelschutz. Vor dem Bundesgerichtshof blieb am Ende nur diese Frage übrig. Das Ergebnis ist bemerkenswert klar: „Moneypenny“ ist kein titelschutzfähiges Werk.
Hintergrund: Werktitelschutz
Werktitel sollen dem Verkehr Orientierung geben. Sie dienen dazu, immaterielle Produkte – Bücher, Filme, Apps oder Websites – voneinander zu unterscheiden. Geschützt wird dabei die Bezeichnung eines Werks, nicht das Werk selbst.
Damit der Schutz greift, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss ein Werk vorliegen, also ein immaterielles Arbeitsergebnis, das der Verkehr als eigenständigen Gegenstand wahrnimmt.
- Die Bezeichnung muss als Titel benutzt werden, also gerade als Name dieses Werks.
Der BGH macht in seiner Entscheidung nochmals deutlich, dass es nicht um die Kreativität einer Figur geht, sondern um deren Bezeichnungsfähigkeit: Kann der Name tatsächlich ein Werk benennen? Und gibt es dieses Werk überhaupt?
Bei fiktiven Figuren wird die Antwort selten einfach sein. Denn sie treten regelmäßig im Rahmen eines übergeordneten Werks auf – Roman, Film oder Serie – und sind für den Verkehr zunächst Teil dieses Werks, nicht selbstständiges Produkt.
Moneypenny zwischen Assistentin und Geheimdienst
Die Moneypenny-Figur gehört seit dem ersten Bond-Film von 1962 zur Stammbesetzung: als zuverlässige, pointierte und stets charmante Sekretärin des Geheimdienstleiters „M“, später – im Reboot – zunächst als Agentin, dann wieder als Assistentin.
Gleichzeitig nutzte die Franchise-Geberin im deutschen Assistenzmarkt über Jahre hinweg den Namen „MONEYPENNY“, unter anderem für:
- Büro- und Assistenzdienstleistungen,
- Schulungen, Personalvermittlung und Franchise-Unterlagen,
- mehrere identische Marken,
- verschiedene Domains wie my-moneypenny.com,
- und einen umfangreichen Online-Auftritt, im Urteil dokumentiert durch einen Screenshot der Startseite.
Für die Filmgesellschaft war klar: Die Figur sei so bekannt, dass der Name nicht frei verwendbar sei. Sie machte Ansprüche aus Markenrecht, Wettbewerbsrecht und eben Werktitelschutz geltend.
Nachdem alle anderen Anspruchsgrundlagen bereits in den Vorinstanzen scheiterten, blieb dem BGH nur noch die Frage: Kann die Figur „Moneypenny“ ein titelschutzfähiges Werk sein?
BGH: Die Figur hat kein eigenes Werkprofil
Der BGH verneint mit Urteil vom 04.12.2025 – Az. I ZR 219/24 den Werktitelschutz von Miss Moneypenny.
Grundsätzlich sei es zwar möglich, dass eine fiktive Figur ein eigenes Werk bildet. Entscheidend sei aber, ob die Figur im Ausgangswerk so eigenständig, ausgeprägt und individualisiert ist, dass der Verkehr sie als eigenen Gegenstand wahrnimmt.
Die Bezeichnungsfähigkeit einer fiktiven Figur erfordert eine gewisse Selbständigkeit und eigenständige Bekanntheit der Figur gegenüber dem Werk, in dem sie Verwendung findet.
Damit grenzt der BGH klar ab:
- Eine bloße Nebenfigur reicht nicht.
- Eine „typische Rolle“ reicht ebenfalls nicht.
- Auch eine langjährige Präsenz im Franchise ersetzt die Individualisierung nicht.
Moneypenny fehlt das unverwechselbare Profil
Die Figur sei – so das Berufungsgericht, dem der BGH folgt – nicht urheberrechtlich als eigene Figur geschützt, weil sie kein ausreichend unverwechselbares Persönlichkeitsprofil aufweise.
Hinzu komme die fehlende visuelle Fixierung: Über Jahrzehnte hinweg haben sehr unterschiedliche Darstellerinnen die Rolle gespielt. Ein konsistentes äußeres Erscheinungsbild, das der Verkehr als prägend wahrnehmen könnte, existiert nicht.
Die beschriebenen Eigenschaften – loyal, effizient, charmant, leicht ironisch – seien archetypisch für eine Assistenzfigur, aber nicht individuell genug. Eine solche Charakterisierung mache aus Moneypenny keine eigenständige geistige Schöpfung.
Werktitelschutz entsteht nicht durch Spin-offs oder Marketing
Der BGH stellt klar, das Merchandising, Werbung, Spin-offs, Begleitliteratur oder Lizenzprodukte nicht berücksichtigt werden dürfen.
Denn die Selbständigkeit – so der BGH – müsse aus dem Grundwerk selbst herrühren. Alles andere wäre eine „Selbständigkeit kraft Vermarktung“. Diese lehnt der BGH ausdrücklich ab.
Damit bleiben sämtliche von der Klägerin vorgelegten Produkte – vom Accessoire bis zum Spin-off-Roman – rechtlich irrelevant.
Der Verkehr erkennt keinen Werkcharakter des Namens
Die Untersuchung der Verkehrsauffassung ergab lediglich, dass „Moneypenny“ auf die Bond-Filme hinweist – nicht auf ein eigenständiges Werk.
Das genügt laut BGH nicht für Werktitelschutz.
Der Name ist im Film gerade kein Titel, sondern eine rein innerfiktionale Personenbezeichnung. Damit fehlt schon der titelmäßige Gebrauch – ein weiterer Grund, warum der Anspruch nicht trägt.
Was Unternehmen aus dem Fall lernen können
Die Entscheidung wirkt weit über das Bond-Universum hinaus und schafft Klarheit für die Praxis.
Figuren-Namen sind markenrechtlich nicht automatisch blockiert
Auch berühmte Figuren genießen keinen automatischen Titelschutz.
Unternehmen können solche Namen unter Umständen nutzen, wenn:
- sie keine eingetragene Marke verletzen,
- kein Werktitelschutz greift,
- keine unlautere Ausnutzung einer bekannten Marke vorliegt.
Damit entsteht für kreative oder beschreibende Namen, die zufällig auch in der Popkultur vorkommen, rechtliche Bewegungsfreiheit.
Rechteinhaber sollten frühzeitig markenrechtlich vorsorgen
Wer sich auf Werktitelschutz verlässt, ist schlecht beraten. Die Hürde ist hoch – insbesondere bei Figuren, die nur im Rahmen eines umfassenden Werkes auftreten.
Für Rechteinhaber gilt daher:
- zentrale Figuren und Bezeichnungen vorsorglich als Marke anmelden,
- klare Lizenzketten sicherstellen,
- die markenmäßige Nutzung konsequent überwachen.
Titelschutz kann ergänzen, aber nicht ersetzen.
Fazit
Der BGH zieht eine klare Linie: Fiktive Figuren können Werktitelschutz genießen – aber nur, wenn sie im Grundwerk eine echte Eigenständigkeit entwickeln. „Moneypenny“ bleibt eine prägende, aber funktionale Nebenfigur des Bond-Universums.
Sie ist kein eigenständiges Werk, und ihr Name ist kein Werktitel. Für Unternehmen bedeutet das: Die Nutzung solcher Namen kann möglich sein.
Für Rechteinhaber heißt es: Wer seine Figuren schützen will, sollte das markenrechtlich tun – nicht erst im Streit um Titelschutz.
Wir beraten
Sie gerne zum
Titelschutz!







