
Veganer Likör
ohne Ei
zulässig?
Veganer Likör
ohne Ei
zulässig?
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Darf ein veganes Getränk als „Alternative zu Eierlikör“ und „Likör ohne Ei“ beworben werden – oder verletzt das den Bezeichnungsschutz für Spirituosen? Das Landgericht Kiel hat hierzu geurteilt.
Ein veganer Eierlikör – geht das?
Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Hersteller, der neben klassischem Eierlikör auch eine vegane Variante vertreibt. Diese Produkte wurden mit Bezeichnungen wie „Likör ohne Ei“, „Alternative zu Eierlikör“ oder „veganer Likör ohne Eier, der wie Eierlikör schmeckt“ beworben. Damit wollte das Unternehmen deutlich machen, dass es sich um ein pflanzliches, laktose- und eifreies Produkt handelt, das geschmacklich an den traditionellen Eierlikör erinnert.
Ein Wirtschaftsverband sah darin jedoch einen Verstoß gegen die europäische Spirituosenverordnung. Er argumentierte, dass die Bezeichnung „Eierlikör“ geschützt sei und die genannten Begriffe sich zu stark an dieser gesetzlich definierten Spirituose orientierten. Bereits zuvor hatte der Hersteller eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, die Aussagen wie „Eierlikör ohne Eier“ oder „veganer Eierlikör“ betraf. Da solche Begriffe weiterhin online auffindbar waren, forderte der Verband eine Vertragsstrafe und erhob erneut Klage.
EU-Verordnung schützt traditionelle Bezeichnungen bei Spirituosen
Die maßgebliche Verordnung (EU) 2019/787 zur Definition, Bezeichnung, Aufmachung und Kennzeichnung von Spirituosen legt genau fest, unter welchen Voraussetzungen ein Getränk bestimmte Bezeichnungen wie „Whisky“, „Rum“ oder „Eierlikör“ tragen darf. So ist für Eierlikör beispielsweise festgelegt, dass er Eierbestandteile, insbesondere Eigelb und Eiweiß, enthalten muss.
Ziel dieser Regelungen ist vor allem der Schutz der Verbraucher vor Irreführung sowie die Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen und die Wahrung des Ansehens traditioneller Erzeugnisse. Die Verordnung verbietet die Verwendung geschützter Bezeichnungen für nicht entsprechende Produkte. Zudem ist eine „Anspielung“, also eine werbliche Gestaltung, die beim Publikum den Eindruck erweckt, das Produkt gehöre derselben Kategorie an, nicht gestattet.
Das Urteil des Landgerichts Kiel
Das Landgericht Kiel entschied mit Urteil vom 28.10.2025 – Az. 15 O 28/24, dass die beanstandeten Bezeichnungen – „Likör ohne Ei“, „Alternative zu Eierlikör“ und „veganer Likör ohne Eier, der wie Eierlikör schmeckt“ – zulässig sind. Eine Irreführung des Verbrauchers sei nicht gegeben, da gerade durch die gewählte Wortwahl deutlich werde, dass das Produkt kein Eierlikör im Sinne der EU-Verordnung sei.
Wörtlich heißt es in der Entscheidung:
Ziel der Verordnung ist daher insbesondere der Schutz des Verbrauchers, auch und gerade vor Irreführung, neben dem Schutz des Ansehens der traditionell hergestellten Spirituosen
Der durchschnittliche Verbraucher, so das Gericht weiter, verstehe „Likör ohne Ei“ nicht als eine Variante von Eierlikör, sondern als Alternative zu ihm. Der Hinweis „ohne Ei“ stelle eine klare Abgrenzung dar und verhindere damit gerade die Gefahr einer Irreführung. Auch die Bezeichnung „Alternative zu Eierlikör“ sei eine zulässige vergleichende Bezugnahme, solange sie objektiv und wahrheitsgemäß bleibe.
Darüber hinaus verneinte das Gericht eine unzulässige „Anspielung“. Es fehle an der unmittelbaren gedanklichen Verbindung, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erforderlich ist, um eine Anspielung anzunehmen. Der bloße Umstand, dass der Geschmack eines Produkts an Eierlikör erinnere, genüge hierfür nicht.
Auch die Verwendung eines stilisierten Hahns auf dem Etikett sei unbedenklich. Der Verbraucher erkenne darin keinen Hinweis auf Eier, sondern sehe die Grafik im Kontext des Gesamtauftritts als Teil einer humorvollen, veganen Markenidentität.
Vertragsstrafe: Unterlassung heißt auch „aufräumen“
Weniger erfreulich war das Urteil für den Hersteller in einem anderen Punkt. Weil er gegen seine zuvor abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen hatte, verurteilte das Gericht ihn zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000 Euro nebst Zinsen.
Entscheidend war, dass nach wie vor Formulierungen wie „Eierlikör ohne Eier“ oder „veganer Eierlikör“ im Internet auffindbar waren – etwa in Online-Shops oder in archivierten Werbetexten. Das Gericht stellte klar, dass eine Unterlassungserklärung nicht nur ein passives Unterlassen bedeutet. Der Verpflichtete müsse vielmehr aktiv auf Dritte einwirken, um bestehende Verstöße zu beseitigen. Wer eine solche Verpflichtung eingeht, muss also auch die Vertriebspartner und Plattformen kontaktieren und für eine vollständige Entfernung sorgen.
Das Landgericht verwies in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach Unterlassungspflichten regelmäßig auch Beseitigungspflichten umfassen. Das bedeutet: Wer etwas nicht mehr tun darf, muss auch dafür sorgen, dass frühere Verstöße nicht fortbestehen.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung zeigt, dass eine sachliche, abgrenzende Bezugnahme auf geschützte Bezeichnungen rechtlich möglich sein kann. Wer also deutlich macht, dass sein Produkt gerade nicht der traditionellen Kategorie angehört, sondern eine Alternative dazu bietet, darf das auch so kommunizieren.
Allerdings bleibt Vorsicht geboten: Formulierungen wie „veganer Eierlikör“ oder „Eierlikör-Style“ sind weiterhin tabu, weil sie den Eindruck erwecken könnten, es handele sich um eine Variante des Originals. Auch das Etikettendesign spielt eine wichtige Rolle. Entscheidend ist der Gesamteindruck – also wie ein durchschnittlicher Verbraucher das Produkt wahrnimmt.
Unternehmen sollten außerdem die zweite Lehre aus dem Urteil beherzigen: Wer eine Unterlassungserklärung abgibt, muss sie praktisch umsetzen. Dazu gehört, alle Werbematerialien zu überprüfen, Online-Texte zu löschen und Dritte aktiv anzuschreiben, um Verstöße zu beseitigen. Wer dies versäumt, riskiert empfindliche Vertragsstrafen – selbst dann, wenn die Verstöße von Vertriebspartnern ausgehen.
Fazit
Das Landgericht Kiel erlaubt zu Recht Begriffe wie „Likör ohne Ei“ oder „Alternative zu Eierlikör“, sofern sie eindeutig beschreibend und nicht irreführend verwendet werden. Der Schutz der Bezeichnung „Eierlikör“ bleibt bestehen, wird aber nicht überdehnt.
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