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Streit

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Wie ähnlich dürfen vegane Labels aussehen?
Und wo endet der Schutz eines bekannten Siegels, wenn die Bildsprache im Markt ohnehin austauschbar wirkt?

Vegane Label

Wer in der Lebensmittelbranche unterwegs ist, kennt das grüne „V“ der Schweizer V-Label GmbH für vegane Produkte. Kaum ein Regal, in dem nicht irgendeine Variation dieses Buchstabens als veganer Wegweiser dient. Das entsprechende Logo ist als internationale Registrierung mit Erstreckung für die EU als Gewährleistungsmarke in der EU geschützt und seit dem 31.01.2019 eingetragen.

Wer in der Lebensmittelbranche unterwegs ist, kennt das grüne „V“ für vegane Produkte. Kaum ein Regal, in dem nicht irgendeine Variation dieses Buchstabens als veganer Wegweiser dient.

Am 28.02.2020 wurde eine ähnliche Marke für vriendly.org angemeldet, ebenfalls für vegane Produkte, allerdings als Individualmarke.

Das V-Label, dessen Gewährleistungsmarke seit Jahren in der Europäischen Union genutzt wird, verlangte die Löschung der Marke mit der Begründung, sie löse beim Publikum eine gedankliche Anknüpfung an das V-Label aus oder werde sogar unmittelbar verwechselt.

Die Ähnlichkeit und die markenrechtliche Verwechslungsgefahr erscheint auf den ersten Blick klar: Zwei vegane Siegel, beide in Grün-Gelb, beide mit großem V.

Doch das Gericht der Europäischen Union sah das anders und lieferte mit Urteil vom 12.11.2025 – Az. T-464/24 eine Analyse der Frage, wie weit der Schutzbereich eines veganen Qualitätssiegels tatsächlich reicht. Die Entscheidung zeigt, dass selbst bekannte Labels nicht automatisch den weitreichenden Schutzumfang genießen, von dem ihre Inhaber häufig ausgehen – vor allem dann nicht, wenn die optischen Elemente im Markt übliche Muster wiederholen.

Wie ähnlich sind sich die veganen Siegel wirklich?

In seinem Urteil anerkennt das EuG, dass beide Zeichen den Buchstaben V und die grünen bzw. gelben Farbflächen nutzen. Aber danach endet die Gemeinsamkeit bereits. Das Gericht legt dar, dass das V des V-Labels eine sanfte, gebogene Form besitzt, flankiert von einem Blatt und eingerahmt von einem schlichten Kreis. Das V der angegriffenen Marke hingegen besteht aus dicken, geraden Linien, ist großflächig eingerahmt, unterstrichen und mit weiteren Wortbestandteilen kombiniert.

Das EuG kommt dann zum überraschenden Ergebnis, dass der Gesamteindruck sich deutlich unterscheide – so deutlich, dass die bildliche Ähnlichkeit letztlich als gering eingestuft wird.

Die einander gegenüberstehenden Zeichen weisen nur eine geringe bildliche Ähnlichkeit auf.

Klanglich sind die Zeichen identisch, da beide letztlich auf ein „V“ reduziert werden können. Doch diese Identität verliert ihren Wert, weil das V im veganen Kontext von einem erheblichen Teil des Publikums ohnehin als reine Sachangabe verstanden wird. Dasselbe gilt für die begriffliche Ebene: Wer V als Abkürzung für „vegan“ liest, erkennt zwar die gleiche Bedeutung – aber gerade weil diese Bedeutung beschreibend ist, genügt sie nicht, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Die entscheidende Schwachstelle: geringe Kennzeichnungskraft des V-Labels

Einer der bemerkenswertesten Befunde des Gerichts betrifft nicht die angegriffene Marke, sondern das V-Label selbst. Die Klägerin ging fest davon aus, dass ihr Siegel aufgrund seiner jahrelangen Präsenz auf dem Markt eine hohe oder zumindest normale Kennzeichnungskraft besitzen müsse.

Doch das Gericht geht das Thema ungewohnt streng an. Der Buchstabe V wird von einem großen Teil des Publikums schlicht als Hinweis auf „vegan“ oder „vegetarisch“ verstanden. Die Farben Grün und Gelb transportieren wiederum nichts, was ein Markensiegel im veganen oder nachhaltigen Marktsegment nicht regelmäßig nutzt. Auch das abstrahierte Blattmotiv wird als Hinweis auf Natürlichkeit eingeordnet – ein typisches Element im Kontext pflanzenbasierter Produkte.

Damit bestätigt das Gericht die Einschätzung der Beschwerdekammer: Die ältere Marke ist insgesamt „allenfalls schwach“ kennzeichnungskräftig. Für bestimmte Publikumsteile sogar sehr schwach.

Dieser Punkt ist zentral. Denn ein schwaches Zeichen genießt nur einen engen Schutzumfang – selbst dann, wenn es am Markt durchaus wahrgenommen wird.

Bekanntheit? Nicht im eingetragenen Markenbild nachgewiesen

Das V-Label versuchte, mit einer Vielzahl von Unterlagen nachzuweisen, dass das Siegel in der Union über eine starke Marktpräsenz verfügt. Dazu gehörten Studien, Online-Artikel, Abbildungen aus dem Handel und Nutzungsbeispiele.

Das Gericht prüfte diese Unterlagen Punkt für Punkt und kam zu einem ernüchternden Ergebnis: In den Studien war nicht das eingetragene Zeichen zu sehen, sondern Versionen mit zusätzlichen Texten oder grafischen Elementen. Teilweise ist unklar, wie viele Personen tatsächlich teilgenommen haben, welche Fragen gestellt wurden und in welchem Zusammenhang die Waren standen. Andere Belege basieren auf Medienartikeln, denen konkrete Markt- oder Verkaufszahlen fehlen.

Eine Bekanntheit der älteren Marke lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.

Die Folge: Weder eine erhöhte Kennzeichnungskraft durch Benutzung noch ein Schutz gegen Rufausnutzung kommt in Betracht.

Gesamtabwägung: Trotz identischer Waren keine Verwechslungsgefahr

Ein weiterer interessanter Aspekt des Urteils ist die klare Abgrenzung zwischen Warenidentität und Markenähnlichkeit. Obwohl das Gericht zugunsten des V-Labels annimmt, dass die Waren in vielen Klassen identisch sind, bedeutet dies nicht automatisch eine Verwechslungsgefahr. Die schwache Kennzeichnungskraft der älteren Marke wiegt schwerer.

Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass selbst ein Publikum mit unterdurchschnittlicher Aufmerksamkeit beide Siegel unterscheiden kann. Dabei dominieren die optischen Unterschiede, während klangliche und begriffliche Parallelen aufgrund ihres beschreibenden Charakters keine verwechselbare Nähe erzeugen.

Fazit

Das Urteil des EuG scheint im Ergebnis zu hart, da es den Schutz der Gewährleistungsmarke von V-Label damit weitgehend auf identische Nachahmungen beschränkt. Auch wenn die Marke von V-Label eine schwache Marke sein mag, besteht doch keine Notwendigkeit, dass Dritte eine identische Farbkombination übernehmen.

Der begrenzte Schutzumfang ist aber auch darauf zurückzuführen, dass V-Label weder die behauptete Bekanntheit seines eingetragenen Zeichens nachweisen noch eine erhöhte Kennzeichnungskraft belegen konnte.

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