
Risiko
Fehlerhafter
Widerrusbelehrung.
Risiko
Fehlerhafter
Widerrusbelehrung.
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Was ist die Konsequenz einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung? Wieso eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung für Händler teuer werden kann, zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart.
E-Auto Kauf mit WIderrufsrecht
Ein Kunde kaufte ein Elektroauto im Wert von rund 65.000 € über den Onlineshop des Autoherstellers. Der Vertrag wurde somit im Wege des Fernabsatzes geschlossen. Fast ein Jahr nach der Auslieferung des Fahrzeugs widerrief der Kunde den Vertrag. Der Autohersteller wies den Widerruf zurück und weigerte sich, das Fahrzeug zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Der Kunde klagte daraufhin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags und Erstattung des Kaufpreises.
Der Autohersteller argumentierte, der Widerruf sei verspätet erfolgt. Der Kunde hingegen sah die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft an, wodurch die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen habe. Der Fall landete schließlich vor dem OLG Stuttgart.
OLG Stuttgart zum Widerrufsrecht
Das OLG Stuttgart (Urteil vom 08.04.2025 – Az. 6 U 126/24) gab dem Kunden in weiten Teilen recht und stellte fest, dass die Widerrufsbelehrung des Autoherstellers in gleich mehreren Punkten mangelhaft war.
Das Gericht beanstandete zunächst die fehlerhafte, abstrakte Belehrung. Die Widerrufsbelehrung begann mit einem Konditionalsatz („Wenn sie ein Verbraucher sind…“) und informierte den Kunden lediglich über die abstrakten gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts. Sie teilte dem Kunden jedoch nicht konkret mit, dass ihm in seinem speziellen Fall ein Widerrufsrecht zusteht. Nach Ansicht des Gerichts ist es für einen rechtlich unerfahrenen Verbraucher unzumutbar, die gesetzlichen Begriffe selbst zu prüfen und auf seinen Fall anzuwenden. Eine ordnungsgemäße Belehrung muss umfassend, unmissverständlich und eindeutig sein.
Darüber hinaus enthielt die Belehrung des Autoherstellers falsche Informationen zu den Rücksendekosten. Der Hinweis, der Kunde müsse die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren tragen, ist nur dann korrekt, wenn das Unternehmen zuvor über die Höhe dieser Kosten informiert hat. Da keine Information über die Höhe der Kosten vorlag, war der Hinweis falsch und somit ein weiterer Mangel der Belehrung.
Besonders bedeutsam ist die Feststellung des OLG Stuttgart, dass der Autohersteller aufgrund der fehlerhaften Belehrung keinen Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kunden hat. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Kunde ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Da die Belehrung fehlerhaft war, entfällt der Wertersatzanspruch vollständig, auch wenn der Kunde das Fahrzeug bis zum Widerruf genutzt hat. Diese Rechtsauffassung wurde auch in einem parallelen Urteil des Bundesgerichtshofs bestätigt.
Leidet die Widerrufsbelehrung des Unternehmers an Mängeln, die den Lauf der Widerrufsfrist hindern, steht das auch dem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz entgegen.
Interessant ist jedoch die Feststellung des Gerichts bezüglich der Nutzung nach dem Widerruf. Das OLG Stuttgart stellte fest, dass der Kunde dem Autohersteller für die Nutzung des Fahrzeugs nach dem Widerruf zum Schadensersatz verpflichtet ist. Obwohl der Wertersatzanspruch entfällt, verletzt der Kunde seine Obhutspflichten, wenn er die Ware nach der Widerrufserklärung weiter nutzt. Das Gericht bewertete das Verhalten des Kunden als vorsätzlich und begründete damit die Schadensersatzpflicht.
Allgemeine Konsequenzen für Unternehmen
Dieses Urteil unterstreicht, wie wichtig es für Unternehmen ist, korrekte Widerrufsbelehrungen zu verwenden und eingesetzte Widerrufsbelehrungen sorgfältig prüfen zu lassen. Die Verwendung einer unvollständigen oder missverständlichen Belehrung kann weitreichende finanzielle Risiken nach sich ziehen.
Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat weitreichende rechtliche und finanzielle Konsequenzen für Unternehmen. Zunächst führt eine mangelhafte Belehrung dazu, dass die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen überhaupt nicht zu laufen beginnt. Das Widerrufsrecht erlischt dann erst nach zwölf Monaten und 14 Tagen nach Erhalt der Ware. Dies gibt Kunden, die womöglich lange Zeit mit der Ware zufrieden waren, ein unerwartet langes Widerrufsrecht und kann für Unternehmen zu bösen Überraschungen führen.
Darüber hinaus verliert das Unternehmen bei einer fehlerhaften Belehrung jeglichen Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung oder Wertminderung der Ware, die vor dem Widerruf eingetreten ist. Dieser Verlust des Wertersatzanspruchs kann bei hochpreisigen Produkten, wie im vorliegenden Fall, erhebliche finanzielle Verluste für das Unternehmen bedeuten.
Zusätzlich entstehen hohe Kosten bei der Rückabwicklung des Vertrags. Unternehmen müssen im Falle eines Widerrufs nicht nur den vollständigen Kaufpreis zurückzahlen, sondern unter Umständen auch die Rücksendekosten tragen, wenn sie den Kunden nicht korrekt über die Kostentragungspflicht informiert haben. Diese Kombination aus verlängerten Fristen, entfallenden Wertersatzansprüchen und zusätzlichen Kostenrisiken macht deutlich, wie wichtig eine rechtlich einwandfreie Widerrufsbelehrung für Unternehmen im Fernabsatz ist.
Andere Gerichte haben ebenfalls ähnlich entschieden und die strenge Linie bei der Beurteilung von Widerrufsbelehrungen bestätigt. Dies zeigt, dass es sich hierbei um eine mittlerweile gefestigte Rechtsprechung handelt und nicht um einen Ausreißer im Einzelfall.
Fazit
Das Urteil des OLG Stuttgart ist ein klares Signal an alle Unternehmen im E-Commerce.
Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung kann teuer werden und letztlich dazu führen, dass der Unternehmer für erbrachte Leistungen gänzlich leer ausgeht. Es ist daher für jedes Unternehmen unerlässlich, sicherzustellen, dass die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen vollumfänglich entspricht. Wer hier spart, riskiert am Ende hohe finanzielle Verluste.
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