Mercedes Kühlergrill als Marke, Markenrecht, Rechtsanwalt

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Kühlergrill

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Reicht ein Kühlergrill-Design als Herkunftshinweis – oder ist es nur schmückendes Beiwerk? Was Unternehmen in Bezug auf Produktdesign und Markenschutz aus einer aktuellen EUIPO-Entscheidung lernen können.

Worum geht’s?

Ein Fahrzeuggrill ist Design, Technik – und vielleicht Marke. Die Mercedes-Benz Group AG wollte eine Bildmarke eintragen lassen, die die Front eines Kühlergrills zeigt, unter anderem für Fahrzeug-Kühlergrills in Klasse 12.

Die EUIPO-Prüferin hielt das Zeichen für nicht unterscheidungskräftig: zu nah an der Ware, zu gewöhnlich. Mercedes-Benz legte hiergegen Beschwerde ein.

Hintergrund: Ware, Form und Marke

Form- und Produktdarstellungen tun sich traditionell schwer: Der maßgebliche Verkehr schließt aus dem Aussehen eines Teils nicht automatisch auf die betriebliche Herkunft. Schutz gibt es nur, wenn die Darstellung „erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweicht“ – ein Mindestmaß genügt aber.

Die Entscheidung der Beschwerdekammer

Die Beschwerdekammer des EUIPO entschied am 07.04.2025 – Az. R 2316/2024-1 hob die Teilzurückweisung für Klasse-12-Waren die Entscheidung der Prüferin auf. Das angemeldete Bildzeichen verfüge über ausreichende Unterscheidungskraft. Das Zeichen zeige nicht bloß irgendein Gitter, sondern eine konkrete Kombination – gitterartige Struktur, mittig ein kreisförmiges Element, eingefügt in eine Mittelleiste mit nach außen zulaufenden Enden. Diese Anordnung präge sich ein und ermögliche die Herkunftsdifferenzierung.

Diese Kombination erzeugt eine Bildwirkung, die geeignet ist, sich dem angesprochenen Verbraucher einzuprägen und ihm die Unterscheidung der Kühlergrills der Anmelderin von denen anderer Hersteller zu ermöglichen.

Bemerkenswert ist, dass die Beschwerdekammer damit an eine Linie anknüpft, die in der Unionsrechtsprechung bereits angelegt ist: Auch Gestaltungen, die ein Produkt oder dessen Teile zeigen, können markenfähig sein, wenn sie in der Gesamtheit eine hinreichende Originalität besitzen. Es genügt ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft – das Zeichen muss nicht revolutionär neu, wohl aber eigenständig wirken. Entscheidend ist der Gesamteindruck, nicht das Detail. So lehnte die Beschwerdekammer den Einwand der Prüferin ab, wonach angeblich ein „Sternenmuster“ oder andere Mikrodetails fehlen. Diese seien im Anmeldebild ohnehin nicht erkennbar und daher irrelevant. Maßgeblich ist allein das, was der Betrachter tatsächlich wahrnimmt – und das ist hier eine markante Komposition, keine bloße technische Form.

Mit dieser Argumentation grenzt sich die Beschwerdekammer von einer allzu restriktiven Sichtweise ab, wonach Produktdarstellungen grundsätzlich nur schwer als Marken eintragungsfähig sind. Zwar bleibt richtig, dass Verbraucher das Aussehen von Waren oft nicht als Herkunftshinweis verstehen. Doch je stärker ein Element das Erscheinungsbild prägt, desto eher erkennt der Markt darin ein Symbol des Herstellers. Das gilt im Automobilbereich in besonderem Maße, weil bestimmte Frontgestaltungen über Jahrzehnte hinweg als Markensignatur fungieren. Ein Kühlergrill kann also durchaus mehr sein als ein Lufteinlass – er kann zum ikonischen Erkennungsmerkmal einer Marke werden.

Neu an der Entscheidung ist vor allem die Betonung des Zusammenspiels der Elemente. Die Beschwerdekammer betont, dass es nicht auf ein einzelnes Merkmal ankommt, sondern auf die „bildliche Gesamtkomposition“. Die Kombination aus Gitterstruktur, zentralem Kreis und charakteristisch geformter Mittelleiste schaffe ein visuelles Muster, das sich von der Norm des Marktes abhebe. Damit erreicht das Zeichen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Die Produktnähe – hier die Abbildung eines Kühlergrills für eben diese Ware – steht dem nicht entgegen. Im Gegenteil: Sie kann gerade im Zusammenspiel mit einer prägnanten Gestaltung die Herkunftsfunktion stärken.

Auswirkungen auf die Praxis: Was Unternehmen jetzt tun sollten

Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung einen wichtigen Fingerzeig. Unternehmen, insbesondere im Automotive-Bereich, sollten Design nicht nur als Stilfrage, sondern als potenzielles Markenelement begreifen. Wer frühzeitig erkennt, dass eine bestimmte Formensprache als Wiedererkennungszeichen fungieren kann, sollte die Anmeldung als Bild- oder gegebenenfalls 3D-Marke erwägen. Die Hürde der Unterscheidungskraft bleibt zwar hoch, ist aber nicht unüberwindbar. Entscheidend ist, dass die Darstellung auf den ersten Blick „anders” wirkt – nicht spektakulär, aber eigenständig genug, um erkannt zu werden.

Zugleich erinnert die Entscheidung daran, dass das Anmeldebild selbst das Maß der Dinge ist. Was dort nicht klar erkennbar ist, kann auch nicht zur Begründung der Unterscheidungskraft herangezogen werden. Bewerber sollten daher auf eine kontrastreiche, prägnante Abbildung achten, die die zentrale Gestaltungsidee deutlich hervorhebt. In der Praxis kann es auch sinnvoll sein, ergänzend ein Design oder mehrere Varianten anzumelden, um die Schutzstrategie breiter aufzustellen. Eine sauber aufeinander abgestimmte Marken- und Designstrategie verhindert, dass Lücken entstehen, wenn einzelne Schutzrechte scheitern oder angegriffen werden.

Darüber hinaus zeigt dieser Fall, dass Markenanmelder den Formenschatz ihrer Branche proaktiv dokumentieren sollten. Gerade bei Produktnähe lohnt es sich, bereits vor der Anmeldung eine eigene kleine Marktanalyse zu erstellen, um zu belegen, dass die gewählte Gestaltung tatsächlich vom Üblichen abweicht. Das erleichtert nicht nur das Prüfungsverfahren, sondern stärkt auch die Verteidigung im Widerspruchs- oder Nichtigkeitsfall.

Fazit

Auch ein Kühlergrill kann Gesicht und Stimme einer Marke sein. Die EUIPO-Beschwerdekammer hat dies nun ausdrücklich bestätigt und damit den Weg für eine markenrechtliche Anerkennung designprägender Fahrzeugteile geebnet. Unternehmen, die ihr Corporate Design ernst nehmen, sollten diese Möglichkeit nicht ungenutzt lassen. Gestaltung ist eben nicht nur schön, sondern manchmal auch schutzfähig – und in diesem Fall sogar markenbildend.

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