
Markenschutz
für
SEX ADDICT?
Markenschutz
für
SEX ADDICT?
von
Kann man die Worte „SEX ADDICT” als Marke schützen, wenn sie auf Produkten zur sexuellen Leistungssteigerung prangen? Das EUIPO hat dazu eine klare Meinung – und sie fällt wenig romantisch aus.
Worum geht’s?
Die US-amerikanische Firma Ignite International Ltd. versuchte im Dezember 2024, die Wortmarke „SEX ADDICT“ als Unionsmarke schützen zu lassen. Die Anmeldung umfasste Produkte wie Nahrungsergänzungsmittel, Sprays, Gels, Öle und andere Mittel, die die körperliche Leistungsfähigkeit – insbesondere die sexuelle – steigern sollen. Außerdem sollten auch Handelsdienstleistungen rund um diese Produkte und um Sexspielzeuge, Kondome und stimulierende Hilfsmittel erfasst sein. Mit anderen Worten: Ein rundes Sortiment für das erotische Selbstbewusstsein der Kunden.
Doch die Prüfer beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) fanden wenig Gefallen an der Idee. Sie lehnten die Eintragung ab – mit der Begründung, der Ausdruck „SEX ADDICT“ sei rein beschreibend und nicht unterscheidungskräftig. Die Prüfer meinten: Der Ausdruck „SEX ADDICT“ beschreibe schlicht, für wen die Produkte gedacht seien – nämlich Menschen, die besonders sexuell aktiv sind oder es sein möchten. Das Wort „Addict“ werde heutzutage häufig übertrieben oder humorvoll verwendet – man spricht ja auch von „coffee addicts“ oder „sports addicts“. Damit sei der Begriff „Sex Addict“ kein Schockeffekt, sondern Alltagssprache geworden.
Ignite International widersprach und legte Beschwerde ein. Das Unternehmen sah in der Bezeichnung eine Art markenstrategische Provokation: Sie sei frech, tabubrechend und transportiere ein bestimmtes Lebensgefühl – nicht einfach eine Beschreibung. Ähnlich wie Audis berühmter Slogan „Vorsprung durch Technik“ solle die Marke „SEX ADDICT“ eine Haltung ausdrücken, nämlich den Mut, gegen gesellschaftliche Normen zu verstoßen.
Die Entscheidung der Beschwerdekammer zu SEX ADDICT
Die Beschwerdekammer des EUIPO entschied am 03.10.2025 – Az. R 1237/2025-1 gegen die Markeninhaberin und bestätigte, dass der Begriff „SEX ADDICT“ im Kontext der beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Bezug habe.
Die Kammer übernahm die Definition aus dem Collins Dictionary: „A person who is addicted to engaging in sexual activity.“ Damit werde für das englischsprachige Publikum – und das ist maßgeblich, da die Marke aus englischen Wörtern besteht – sofort verständlich, worum es gehe: um Produkte, die auf ein Publikum zugeschnitten sind, das ein aktives oder gesteigertes Sexualleben anstrebt.
Eine gedankliche Transferleistung oder ein Anflug von Doppeldeutigkeit sah die Beschwerdekammer nicht. Der Ausdruck vermittle keine kreative Spannung, kein sprachliches Spiel.
Der Ausdruck ‘SEX ADDICT’ beschreibt in einem trendigen, harmlosen Sinn die Zielgruppe der Waren und Dienstleistungen, nämlich Personen, die häufig Sex haben.
Dies reicht nach Auffassung der Kammer nicht aus, um die Herkunftsfunktion zu begründen. Damit fehlt der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft. Eine solche Bezeichnung müsse allen Unternehmen offenstehen, die ähnliche Produkte vertreiben.
Die Kammer stellte nüchtern fest: Provokation allein macht keine Marke. Auch ein ungewöhnlicher oder kühner Ausdruck kann beschreibend sein, wenn er sich auf die Zielgruppe oder die Eigenschaften der Produkte bezieht. Gerade im Erotik- und Lifestyle-Segment sei der Begriff „Sex Addict“ keineswegs unüblich, sondern alltäglich, leicht verständlich und für Marketingzwecke längst etabliert.
Dass der Begriff negative oder medizinische Konnotationen hat, spielt keine Rolle. Selbst wenn „Sexsucht“ auch als psychische Störung bekannt ist, ist hier die metaphorische, nichtmedizinische Verwendung entscheidend, also schlicht der Hinweis auf eine Person, die Sex „sehr mag“.
Fazit
Der Fall zeigt, dass eine Marke mehr sein muss als eine bloße Aussage über das Produkt oder dessen Konsumenten. Eine vermeintlich provokante Nutzung bedeutet nicht automatisch, dass ein Zeichen Unterscheidungskraft erhält.
Für Unternehmen bedeutet das: Wer provozieren möchte, sollte dies mit System tun. Ein freches Wortspiel kann markenrechtlich wirksam sein, aber nur, wenn es mehrdeutig, suggestiv oder ungewöhnlich genug ist, um nicht als Beschreibung verstanden zu werden. Eine reine Zielgruppenbezeichnung bleibt dagegen schutzunfähig.
Wir beraten
Sie gerne zum
Markenrecht!
