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Klimaneutral

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Darf ein Kosmetikunternehmen Sonnenschutz als „klimaneutral“ bewerben – wenn dazu nichts erklärt wird? Und wie „natürlich“ ist „natürliche Pflege“, wenn synthetische Inhaltsstoffe drin sind?

Klimaneutrale SOnnencreme?

Ein Kosmetikunternehmen bot ein Sonnenschutzmittel an. Auf der Packung war ein rundes Symbol mit den Worten „klima“ und „neutral“ angebracht. Beworben wurde die Sonnencreme außerdem mit Aussagen wie „Zuverlässiger Sonnenschutz kombiniert mit natürlicher Kosmetik“ und „Natürliche Pflege ohne Kompromisse“.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hielt die Werbung für unlauter und ging dagegen vor. Die Werbung mit „klimaneutral” sei aus Sicht der Verbraucherschützer irreführend. Der Begriff „klimaneutral” könne sowohl im Sinne einer CO₂-Reduktion bei der Herstellung als auch im Sinne einer bloßen CO₂-Kompensation verstanden werden, ohne dass die Werbung hierüber aufkläre. Außerdem sei die Werbung mit „natürlich” irreführend, wenn der Anteil natürlicher Inhaltsstoffe tatsächlich nur bei 51,9 % liege.

Klimaneutral und natürlich

Umwelt- und Nachhaltigkeitsclaims („klimaneutral“, „umweltfreundlich“) wirken stark verkaufsfördernd. Genau deshalb verlangt das Wettbewerbsrecht, dass solche Aussagen richtig, klar und für Verbraucher verständlich sind. Fehlen wichtige Informationen, kann schon das Weglassen (nicht erst eine falsche Behauptung) problematisch sein. Das gilt besonders bei Labels/Siegeln, deren Aussagegehalt Verbraucher ohne Kontext leicht überschätzen.

Ähnlich bei „natürlich“: Im Kosmetikbereich verbinden viele Käuferinnen und Käufer mit „natürlicher Pflege“ nicht nur ein „bisschen Natur“, sondern häufig die Erwartung, dass ein Produkt (nahezu) vollständig aus natürlichen Inhaltsstoffen besteht – oder jedenfalls nicht „klassisch synthetisch“ zusammengesetzt ist. Wie weit diese Erwartung reicht, hängt stark vom Wortlaut („natürlich“ vs. „mit natürlichen Inhaltsstoffen“), vom Produktkontext und von der konkreten Darstellung ab.

LG Marburg untersagt Werbung

Mit Urteil vom 29.10.2025 – Az. 1 O 243/24 untersagte das Landgericht Marburg dem Kosmetikunternehmen, die beanstandeten Aussagen in der bisherigen Form weiter zu verwenden.

Im Zentrum stand zunächst das verwendete „klimaneutral“-Symbol. Nach Auffassung des Gerichts vermittelt ein solches Label den Eindruck, bei Herstellung und Vertrieb entstünden keine oder praktisch keine Kohlendioxidemissionen. Tatsächlich fiel aber CO2 an. Ob diese Emissionen kompensiert wurden, blieb für Verbraucher offen. Genau darin sah das Gericht das Problem: Ohne klare Erläuterung, ob Klimaneutralität durch Vermeidung, Reduktion oder bloße Kompensation erreicht wird, sei die Aussage zu unbestimmt und damit irreführend.

Diese Angabe entspricht nicht den Tatsachen, weil bei der Herstellung der Produkte der CO2 entsteht

Auch die Natürlichkeitswerbung hielt der gerichtlichen Prüfung nicht stand. Die Aussage „Zuverlässiger Sonnenschutz kombiniert mit natürlicher Kosmetik“ suggeriere nach Auffassung des Gerichts mehr als nur einzelne natürliche Bestandteile. Verbraucher erwarteten ein Produkt, dessen Zusammensetzung wesentlich von natürlichen Inhaltsstoffen geprägt ist. Bei einem natürlichen Ursprung von lediglich 51,9 Prozent und dem Einsatz synthetischer Bestandteile sei diese Erwartung nicht erfüllt.

Noch deutlicher sei dies bei der Formulierung „Natürliche Pflege ohne Kompromisse“. Diese lasse kaum Raum für Relativierungen und vermittle den Eindruck einer durchgehend natürlichen Rezeptur. Für ein Produkt mit synthetischen Inhaltsstoffen sei das schlicht zu viel versprochen.

Rechtliche Einordnung

Die Entscheidung reiht sich nahtlos in eine Reihe von Urteilen ein, mit denen Gerichte in den letzten Jahren Greenwashing und überzogene Nachhaltigkeitsversprechen eingedämmt haben. Dabei ist weniger das Ergebnis neu, sondern vielmehr die Klarheit, mit der das Landgericht Marburg betont, dass unklare Labels und wohlklingende Schlagworte zulasten des werbenden Unternehmens gehen.

Dies wird besonders deutlich beim „klimaneutral“-Symbol. Gerade weil es wie ein offizielles Siegel wirkt, erwartet das Gericht ein hohes Maß an Transparenz. Ein solches Label darf nicht mehr versprechen, als es erklärt. Fehlt die Erklärung, bleibt nur der Werbeeffekt – und genau das reicht rechtlich nicht aus.

Ausblick: EmpCo-Richtlinie verschärft den Maßstab weiter

Das Urteil des LG Marburg ist zugleich ein Vorgeschmack auf das, was mit der Umsetzung der sogenannten EmpCo-Richtlinie (Empowering Consumers for the Green Transition) auf Unternehmen zukommt. Die Richtlinie zielt darauf ab, Verbraucher besser vor irreführender Umweltwerbung zu schützen und pauschale Nachhaltigkeitsversprechen einzudämmen.

Künftig sollen allgemeine Umweltaussagen wie „klimaneutral“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“ nur noch zulässig sein, wenn sie auf anerkannten, nachprüfbaren und transparenten Kriterien beruhen. Reine Kompensationsmodelle stehen dabei besonders in der Kritik. Auch selbst entworfene Siegel ohne unabhängige Prüfung sollen deutlich strenger behandelt oder ganz untersagt werden.

Überträgt man diese Vorgaben auf den Fall aus Marburg, wird deutlich, dass die beanstandete Werbung auch nach künftiger Rechtslage kaum Bestand gehabt hätte. Der Trend geht klar in Richtung vollständiger Transparenz und weg von grün eingefärbten Kurzbotschaften.

Fazit

Das Urteil reiht sich ein in andere Urteile zu Umweltaussagen wie „klimaneutral“ und macht einmal mehr klar, dass Werbung mit Nachhaltigkeit nur erlaubt ist, wenn nachweislich Nachhaltigkeit vorliegt und kein bloßes Greenwashing.

Mit Blick auf die kommende Umsetzung der EmpCo-Richtlinie verschärft sich dieser Maßstab weiter. Danach wären entsprechende Siegel nur noch mit entsprechendem Zertifizierungssystem erlaubt.

Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Umweltaussagen schon jetzt kritisch zu überprüfen, um künftige Abmahnungen zu vermeiden.

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