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Darf eine KI Marken wie „Getty Images“ oder „iStock“ in synthetischen Wasserzeichen verwenden? Und ist ein KI-Modell selbst schon eine „Raubkopie“? Der High Court in London hat im Streit Getty Images gegen Stability AI erstmals klare Grenzen gezogen – und zugleich viele Fragen offen gelassen.

Getty Images vs. Stability AI

Die Auseinandersetzung zwischen Getty Images und Stability AI war von Anfang an mehr als ein gewöhnlicher Urheberrechtsprozess. Sie ist ein Symbol dafür, wie sich klassische Schutzrechte mit den Realitäten künstlicher Intelligenz reiben. Im Mittelpunkt stand das Modell Stable Diffusion, das aus Millionen von Bildern trainiert wurde, um eigenständig neue Grafiken zu erzeugen. Getty Images warf Stability AI vor, unrechtmäßig auf ihr Bildmaterial zugegriffen und in der Folge sowohl Markenrechte als auch Urheberrechte verletzt zu haben.

Der Fall landete vor dem High Court of Justice (Chancery Division) in London – und das Urteil vom 04.11.2025 – Az. [2025] EWHC 2863 (Ch) sorgt nun international für Aufmerksamkeit. Erstmals wird hier detailliert analysiert, wann eine KI „Marken nutzt“, wann ein Trainingsmodell selbst eine „infringing copy“ sein kann und wie weit Lizenzen tatsächlich Exklusivität verleihen.

KI, Wasserzeichen und Exklusivlizenzen

Die Fakten lesen sich wie ein Lehrbuchfall moderner Rechtsprobleme. Stability AI hatte verschiedene Versionen des KI-Bildgenerators Stable Diffusion über Plattformen wie Hugging Face, DreamStudio und eine Developer-API öffentlich zugänglich gemacht. Die Modellgenerationen 1.x, 2.x und das neue Stable Diffusion XL (SDXL) waren betroffen. Getty Images entdeckte in KI-generierten Bildern mehrfach synthetische Wasserzeichen, die stark an die Marken „GETTY IMAGES“ und „ISTOCK“ erinnerten – in manchen Fällen sogar identisch waren.

Getty argumentierte, dass diese Wasserzeichen als Markennutzung zu bewerten seien. Nutzer könnten annehmen, die Bilder stammten von Getty oder seien mit ihrer Zustimmung erstellt. Parallel machte Getty urheberrechtliche Ansprüche geltend und behauptete, das Modell selbst sei eine „infringing copy“, also eine rechtswidrige Vervielfältigung ihrer Fotos. Schließlich sei das Training nur möglich, weil die Dateien kopiert und verarbeitet wurden. Ergänzend berief sich Getty auf exklusive Lizenzrechte, um auch im Namen ihrer Fotografen und Künstler klagen zu können.Überschrift

Sieg und Niederlage für Getty Images

Markenrecht: Teilerfolg für Getty

Zunächst prüfte das Gericht die Klagepunkte nach dem britischen Trade Marks Act. In mehreren Beispielen stellte sich heraus, dass Stable Diffusion tatsächlich Bilder erzeugt hatte, auf denen das iStock-Wasserzeichen identisch erschien. Für diese wenigen Fälle – konkret unter der Modellversion 1.x bei Zugriff über DreamStudio und API – bejahte das Gericht eine Markenverletzung. Die Zeichen seien identisch und für identische Waren (digitale Bilder) verwendet worden.

Bei anderen Versionen (v2.x, SDXL) konnte Getty dagegen keine ausreichenden Belege liefern. Auch die „Getty Images“-Wasserzeichen waren meist zu unscharf oder abgewandelt, um eine Doppelidentität zu begründen.

Auch markenrechtliche Verwechslungsgefahr bejahte das Gericht bei Verstößen – allerdings nur in konkreten Einzelfällen. Das Modell habe „unter Umständen“ Bilder erzeugt, bei denen eine realistische Gefahr bestehe, dass Nutzer sie für echte iStock- oder Getty-Produkte halten. Diese Gefahr könne aber nicht pauschal angenommen werden. Jedes Beispiel müsse einzeln betrachtet werden.

Eine Verletzung bekannter Marken lehnte das Gericht dagegen ab. Getty konnte nicht überzeugend darlegen, dass der Ruf ihrer Marke ausgebeutet oder verwässert worden sei. Damit scheiterte der Versuch, einen allgemeinen Rufschutz gegen KI-Bildgeneratoren zu etablieren.

Urheberrecht: Kein Erfolg für Getty

Besonders spannend war die Frage, ob Stable Diffusion selbst eine „infringing copy“ im Sinne des Copyright, Designs and Patents Act ist. Getty hatte argumentiert, das KI-Modell enthalte auf technischer Ebene Informationen, die auf urheberrechtlich geschützten Werken beruhen, und sei deshalb eine Art „digitale Kopie“.

Das Gericht wies diesen Ansatz zurück. Zwar könne eine „infringing copy“ auch eine immaterielle Datei sein, doch müsse sie tatsächlich Kopien enthalten. Die trainierten Modellgewichte von Stable Diffusion enthielten keine Bilddaten oder speicherbaren Kopien, sondern nur abstrakte numerische Repräsentationen. Dass beim Training Kopien entstanden, sei unbestritten – aber das fertige Modell selbst sei kein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des Gesetzes.

Die Folge: Stable Diffusion ist keine „infringing copy“, und damit greift auch keine Sekundärhaftung für Import oder Vertrieb.

Das Gericht fügte hinzu, dass ein Download von Modellgewichten grundsätzlich als „Import“ gelten könne. Da die Modellgewichte aber keine Kopien im urheberrechtlichen Sinne enthielten, half dies Getty nicht weiter. Gehostete Dienste – etwa die Nutzung über DreamStudio – seien ohnehin kein Import, da sie keine Dateiübertragung ins Vereinigte Königreich beinhalten.

Exklusive Lizenzen: Detailarbeit entscheidet

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf den Lizenzverträgen zwischen Getty und ihren Fotografen. Getty berief sich darauf, aufgrund exklusiver Lizenzvereinbarungen klagebefugt zu sein. Das Gericht prüfte dazu eine Vielzahl von Beispielverträgen.

Die Analyse fiel gemischt aus: Mehrere ältere Verträge seien nicht exklusiv, weil sie an „Getty Images und deren verbundene Unternehmen“ adressiert waren. Jüngere Verträge hingegen enthielten klarere Formulierungen und wurden als exklusiv anerkannt.

Einheitliche Regeln ließen sich daraus nicht ableiten. Die Richterin betonte, dass jede Vereinbarung im Einzelfall auszulegen sei – insbesondere, wenn verschiedene Rechtsordnungen (New York Law vs. English Law) betroffen sind.

Was Unternehmen jetzt wissen müssen

Das Urteil hat Signalwirkung für die gesamte KI- und Kreativbranche – nicht nur in Großbritannien, wobei abzuwarten bleibt wie dies Gerichte in der EU entscheiden.

Für KI-Entwickler

Das Urteil zeigt, dass Wasserzeichen in Bildern ein Problem beim KI-Training sind. Auch wenn im konkreten Fall nur wenige Beispiele eine Markenverletzung begründeten, zeigt das Urteil, dass KI-Modelle grundsätzlich markenrechtlich relevant sein können. Entwickler müssen künftig sicherstellen, dass ihre Modelle keine markenähnlichen Artefakte erzeugen – etwa durch Filter, Post-Processing oder gezieltes „Untraining“.
Zugleich stärkt die Entscheidung die Position der KI-Anbieter im Urheberrecht: Das reine Modell, also die mathematischen Gewichtungen, ist keine Kopie geschützter Werke. Das reduziert das Haftungsrisiko erheblich, auch wenn die Trainingsthematik selbst damit nicht erledigt ist.

Für Markeninhaber

Das Urteil zeigt, dass der Nachweis einer Markenverletzung im KI-Kontext aufwendig bleibt. Es reicht nicht, pauschal auf Millionen von Trainingsbildern zu verweisen. Entscheidend ist der konkrete Nachweis, dass ein generiertes Bild eine verwechslungsfähige oder identische Marke zeigt. Auch der Schutz des Rufes bekannter Marken bleibt ohne konkrete Beeinträchtigung im Ansatz erfolglos.

Für Agenturen und Plattformen

Die Prüfung der Getty-Lizenzen verdeutlicht, wie wichtig präzise Vertragsgestaltung ist. Wer Exklusivität beanspruchen will, muss diese ausdrücklich regeln – und die Vertragsadressaten klar benennen. Gruppenklauseln („Getty Images und verbundene Unternehmen“) genügen nach Ansicht des Gerichts nicht. Ebenso wichtig ist die Dokumentation der Vertragsannahme – ob durch Unterschrift, elektronische Zustimmung oder „click-to-agree“.

Fazit

Das Urteil des High Court bringt Licht in ein bisher juristisch graues Feld im Kampf zwischen Kreativbranche und KI-Anbietern.

Das urheberrechtliche Ansprüche abgelehnt werden, fügt sich in bisherige Entscheidungen vor allem aus den USA ein.

Die Entscheidung zeigt aber, dass man eigene Inhalte ggfs. mit Markenrechten sichern kann, auch wenn die Durchsetzung nach dem Maßstab der Londoner Richter schwer sein dürfte.

Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte diese Sachverhalte beurteilen. Interessant und letztlich aussagekräftig werden für Unternehmen in der EU erst Entscheidungen durch nationale Gerichte oder europäische Gerichte.

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