Garantiewahnsinn der EU, Neue Informationspflichten im E-Commerce, Rechtsanwalt

Garantie-

Wahnsinn

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Anstatt Bürokratie abzubauen oder Pflichten für Unternehmen zu erleichtern, schafft die EU neue, kleinteilige Informationspflichten für Onlinehändler. Diese neuen Regelungen sind eine völlig übertriebene Bevormundung, die den Händlern jede Menge Ärger einbringen kann, ohne den Verbraucherschutz zu stärken.

Neue Informationspflicht zur Gewährleistung

Die Europäische Union hat mit der Durchführungsverordnung 2025/1960 einen neuen Standard für Informationen über das gesetzliche Gewährleistungsrecht und über gewerbliche Haltbarkeitsgarantien geschaffen. Was eigentlich ein Schritt zu mehr Klarheit sein sollte, entfaltet sich jedoch als bemerkenswert kleinteilige Regulierungsarchitektur. Händler, die Verbrauchsgüter verkaufen, werden verpflichtet, eine harmonisierte Mitteilung zu verwenden, die in ihrer Gestaltung nicht verändert werden darf – und zwar bis hin zur Farbe einzelner Linien und dem genauen Verhältnis von Text zu QR-Code. Das klingt nach Ordnung, bedeutet in der Praxis aber vor allem eines: Mühsame Detailarbeit an Stellen, an denen Unternehmen bislang effizient arbeiten konnten.

Hintergrund

Die Verordnung ist Teil eines größeren Reformvorhabens, das Informationspfade im Verbraucherrecht vereinheitlichen soll. Anlass war die verbreitete Annahme, Verbraucher verstünden zentrale Begriffe wie „Gewährleistung“ und „Garantie“ nicht hinreichend. Der Gesetzgeber wollte Abhilfe schaffen – mit einer europaweit einheitlichen Darstellung, die überall gleich aussieht und dieselben Inhalte transportiert.

Dieser Ansatz ist nicht neu. Neu ist allerdings die Stringenz, mit der diese Einheitlichkeit durchgesetzt wird. Die harmonisierte Mitteilung darf nicht umformuliert, nicht optisch angepasst, nicht grafisch verändert werden. Selbst die Farbcodes sind verbindlich vorgegeben. Damit gerät das Instrument, das eigentlich Orientierung schaffen sollte, selbst zu einer völligen Überregulierung, das vor allem eines verlangt: absolute Normtreue.

Wie muss künftig informiert werden

Die Kommission schreibt nicht nur vor, was gesagt werden muss, sondern detailliert, wie es auszusehen hat, nämlich wie folgt:

Das Muster enthält feste Textbausteine und grafische Elemente, deren Position nicht verschoben werden darf. QR-Codes müssen technisch in einer Weise generiert werden, die jederzeit lesbar ist. Online-Shops werden verpflichtet, farbige Versionen zu verwenden bei denen Händlern detaillierte Farbwerte in CMYK vorgegeben werden.

In der Verordnung findet sich der bemerkenswerte Satz, die Elemente der Mitteilung seien „nicht editierbar“. Rechtlich bedeutet das: Jegliche Abweichung – sei sie gestalterischer, sprachlicher oder technischer Art – kann im Ergebnis eine Informationspflichtverletzung darstellen. Aus Sicht der Praxis führt dieser Ansatz jedoch zu einem Paradox. Die Kommission möchte Missverständnisse vermeiden, indem sie Vielfalt reduziert. Doch die dafür gewählte Methode erzeugt selbst eine bemerkenswerte Komplexität.

Während Verbraucher künftig ein formal einheitliches Informationsblatt sehen, stehen Unternehmen vor dem Problem, dieses Informationsblatt überhaupt erst erstellen und korrekt einbinden zu müssen. Besonders kleinere Händler, die weder interne Rechtsabteilungen noch Design-Teams haben, werden mit einer Fülle von Anforderungen konfrontiert, die in ihrer Detailtiefe ungewöhnlich sind – selbst für EU-Verordnungen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Unternehmen müssen bis zum 27.09.2026 ihre Systeme so anpassen, dass die Mitteilung gemäß dem Muster in unveränderter Form ausgespielt wird – mehrsprachig, farbtreu, QR-Code-fähig. Händler, die europaweit verkaufen, müssen mehrere Sprachfassungen vorhalten und zugleich sicherstellen, dass die technische Integration auf allen Geräten funktioniert.

Fazit

Die neuen Regeln zu den Informationspflichten sind das Gegenteil von Bürokratieabbau. Sie sind eine vollkommene Überregulierung, die dazu führen kann, dass bereits abweichende Farbwerte zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen führen kann.

Gleichzeitig stellt die EU bislang nur ein Bild des Musters bereit, dass Händler nicht anpassen können. Händler müssen also schauen, wie sie eine identische Gestaltung mit den eigenen Angaben erstellen.

Ungeachtet der Kritik an den Regelungen müssen Händler diese bis zum 27.09.2026 umsetzen, sofern die EU hier nicht noch vorher zur Besinnung kommt.

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