Direktwerbung durch Registrierung, Rechtsanwalt, Datenschutz, Newsletter

Direktwerbung

durch

von

Darf ein Unternehmen Nutzer allein wegen einer kostenlosen Registrierung regelmäßig per E-Mail bewerben? Und reicht die bloße Anmeldung schon als „wirtschaftlicher Vorgang“ aus?

Kostenlos registriert – und täglich Post

Viele digitale Geschäftsmodelle basieren auf einem einfachen Prinzip: kostenloser Account, begrenzter Zugang, regelmäßige Hinweise auf weiterführende – oft kostenpflichtige – Inhalte. Aus Marketingsicht sinnvoll, datenschutzrechtlich jedoch heikel. Der Europäische Gerichtshof musste in der Entscheidung vom 13.11.2025 – Az. C-654/23 klären, ob die Verarbeitung einer E-Mail-Adresse im Rahmen einer kostenlosen Registrierung ein berechtigtes Interesse zur Direktwerbung begründen kann. Die Antwort fällt überraschend wirtschaftsfreundlich aus – aber mit klar gesetzten Grenzen.

Die kostenlose Registrierung als wirtschaftliche Handlung

Im Ausgangsfall betrieb ein Medienunternehmen eine Plattform, auf der Nutzer nach einer kostenlosen Registrierung einige Artikel lesen konnten. Gleichzeitig erhielten sie täglich einen Newsletter mit Zusammenfassungen und Links zu vertieften, kostenpflichtigen Inhalten. Die nationale Aufsicht wertete dies als unzulässige werbliche Nutzung der E-Mail-Adressen, weil die Registrierung keine ausdrückliche Zustimmung zum Newsletter umfasst habe.

Das Berufungsgericht wandte sich an den Gerichtshof mit der Frage, ob eine kostenlose Registrierung überhaupt als „Verkauf einer Dienstleistung“ im Sinne der europäischen Regeln zur Direktwerbung gelten kann. Denn genau dieser Begriff entscheidet darüber, ob Unternehmen elektronische Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung versenden dürfen.

Auch kostenlose Leistungen können ein „Verkauf“ sein

Der Gerichtshof nutzte das Verfahren, um den Begriff des Verkaufs weit auszulegen. Entscheidend sei nicht, ob ein Nutzer für eine Dienstleistung zahlt. Maßgeblich sei, ob das Angebot in ein wirtschaftliches Modell eingebettet ist. Viele digitale Geschäftsmodelle setzen darauf, Nutzer zunächst kostenlos anzulocken, um später ein Premium-Produkt zu bewerben.

Nach Auffassung des Gerichtshofs stellt dieser Zusammenhang eine wirtschaftliche Leistung dar. Wenn Nutzer im Rahmen dieser Registrierung ihre E-Mail-Adresse bereitstellen, geschieht das nicht „ohne Gegenleistung“. Sie erhalten Zugang zu Inhalten, während das Unternehmen die Adresse zur Förderung seines Geschäftsmodells nutzt. Damit liegt rechtlich ein Vorgang vor, der einem Verkauf gleichgestellt ist.

Die Folge: Die E-Mail-Adresse wurde „im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung“ erhoben – und eröffnet damit grundsätzlich die Ausnahmevorschrift für Direktwerbung.

Direktwerbung bleibt Direktwerbung – egal wie informativ der Newsletter wirkt

So wirtschaftsnah die Auslegung beim Verkauf ist, so streng bleibt der Gerichtshof bei der Werbedefinition. Der Newsletter des Medienunternehmens enthielt zwar redaktionelle Hinweise, doch er führte die Nutzer systematisch zu kostenpflichtigen Inhalten. Das reicht für die Einordnung als Direktwerbung aus.

Ein Newsletter ist also nicht deshalb „neutral“, weil er auch informiert. Entscheidend ist, ob er Nutzer in Richtung eines Produkts oder einer Dienstleistung lenkt.

Damit greift die in der Richtlinie über elektronische Kommunikation verankerte Spezialregel:
Elektronische Direktwerbung ist grundsätzlich einwilligungspflichtig – es sei denn, die Voraussetzungen der engen Ausnahmeregelung sind erfüllt.

Berechtigtes Interesse: Wann die Ausnahme greift – und wann nicht

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass Unternehmen bei einer kostenlosen Registrierung ein berechtigtes Interesse daran haben können, Nutzer über ähnliche eigene Dienstleistungen zu informieren – inklusive solcher, die kostenpflichtig sind. Eine solche werbliche Ansprache kann im Rahmen der Ausnahme zulässig sein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Die Registrierung ist Teil eines wirtschaftlichen Modells und damit rechtlich einem Verkauf gleichgestellt.
  • Die Werbung bezieht sich auf eigene, ähnliche Dienstleistungen.
  • Nutzer werden bei der Erhebung ihrer Adresse klar über ihr Widerspruchsrecht informiert.
  • Die Kommunikation überschreitet nicht das Maß des ursprünglich erwartbaren Angebots.

Damit schafft das Urteil Rechtssicherheit für Anbieter, die ihr Geschäftsmodell auf kostenlose Registrierung und spätere Monetarisierung stützen. Es verhindert aber zugleich, dass die Ausnahme zum Freifahrtschein wird. Sobald Werbung deutlich über das „ähnliche Angebot“ hinausgeht oder eine intensivere Vermarktung stattfindet, endet die Schutzwirkung der Ausnahme.

Konsequenzen für die Praxis: Gestaltungsspielraum – aber sauber dokumentieren

Für Unternehmen mit registrierungsbasierten Geschäftsmodellen bedeutet die Entscheidung vor allem eines: Die kostenlose Registrierung kann als wirtschaftliche Grundlage dienen, um ein berechtigtes Interesse an Direktwerbung geltend zu machen. Das gilt besonders für Newsletter, die die Nutzer Schritt für Schritt zu vertieften, kostenpflichtigen Angeboten führen sollen.

Allerdings bleibt der Spielraum eng umrissen. Anbieter müssen transparent darlegen, warum und in welchem Rahmen eine kostenlose Registrierung wirtschaftlich ist. Zudem braucht es klare Hinweise beim Anmeldeprozess, zuverlässige Widerspruchsmöglichkeiten und eine konsequente Beschränkung auf ähnliche Leistungen. Wer den Newsletter als umfassende Werbeplattform für völlig neue Produkte nutzt, verlässt den Schutzbereich sofort – mit den üblichen Risiken von Sanktionen und Bußgeldern.

Fazit

Der Gerichtshof bestätigt die Realität moderner digitaler Geschäftsmodelle: Eine kostenlose Registrierung ist keine altruistische Geste, sondern Teil eines wirtschaftlichen Austauschs – und kann damit rechtlich als Verkauf gelten. Unternehmen dürfen diese Registrierung nutzen, um Nutzer begrenzt direkt zu bewerben. Die Grenze verläuft dort, wo Transparenz, Zweckbindung und Nähe zum ursprünglichen Angebot verloren gehen.

Wir beraten

Sie gerne zum

Datenschutzrecht!

Unsere Dienstleistungen

Externer Datenschutzbeauftragter

Über unseren Kooperationspartner, die Obsecom GmbH, bieten wir externe Datenschutzbeauftragte für datenschutzrechtlich Verantwortliche und Auftragsverarbeiter an.

Mehr erfahren

Beratung zum Datenschutzrecht

Wir beraten Sie zu allen Fragen des Datenschutzrechts, z.B. zu Datenschutzkonzepten, Datenschutzerklärungen, Vertragsgestaltung und Umgang mit Datenschutzbehörden.

Mehr erfahren

Relevante Beiträge

Haben Sie Fragen?

Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Kontaktanfrage

Maximale Dateigröße: 10MB