Beweislast bei Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung, Marke, Markenrecht, Testarossa, Rechtsanwalt

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Wann ist eine Markenanmeldung bösgläubig? Wann wird eine Markenanmeldung als strategischer Angriff auf Wettbewerber gewertet? Wer muss beweisen, dass der Anmelder unlautere Absichten hatte? Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall „Testarossa“ liefert entscheidende Antworten.

Der Hintergrund: Ein Spielzeugunternehmer gegen einen Sportwagenriesen

In einem langjährigen Rechtsstreit standen sich ein bekannter italienischer Hersteller von Sportwagen und ein deutscher Unternehmer aus der Spielzeug- und Modellautobranche gegenüber. Der Unternehmer meldete am 27. Dezember 2013 die deutsche Wortmarke „Testa Rossa“ für eine breite Palette von Waren an. Diese umfassten unter anderem elektrische Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Fahrräder, Taschen und Spielwaren.

Der Sportwagenhersteller, der die Bezeichnung „Testarossa“ seit Jahrzehnten für seine Fahrzeuge nutzt und über ältere Markenrechte verfügt, sah darin eine bösgläubige Markenanmeldung. Der Vorwurf: Die Anmeldung sei nicht erfolgt, um die Marke ernsthaft für die eingetragenen Produkte zu nutzen. Vielmehr habe der Unternehmer die Absicht gehabt, von der Bekanntheit des Namens „Testarossa“ zu profitieren und den Sportwagenhersteller gezielt zu behindern. Der Fall durchlief mehrere Instanzen, bevor er dem BGH zur endgültigen Klärung vorgelegt wurde.

Entscheidung des BGH: Beweislast liegt beim Angreifer

Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde des Sportwagenherstellers mit Urteil vom 11.09.2025 – Az. I ZB 6/25 zurück. Das zuvor befasste Bundespatentgericht habe zu Recht keine bösgläubige Anmeldung vorgenommen. Der insoweit beweisbelastete Sportwagenhersteller habe nicht ausreichend Indizien vorgebracht, die dazu führen könnten, dass eine bösgläubige Markenanmeldung mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden kann.

Der BGH stellt klar, dass derjenige, der die Löschung einer Marke wegen Bösgläubigkeit beantragt, die volle Beweis- bzw. Feststellungslast für die entsprechenden Indizien trägt.

Derjenige, der im Nichtigkeitsverfahren die Eintragung einer Marke mit der Begründung angreift, sie sei bösgläubig angemeldet worden, trägt die Beweis- beziehungsweise Feststellungslast für das Vorliegen der schlüssigen und übereinstimmenden Indizien, die Voraussetzung für die Annahme des geltend gemachten absoluten Schutzhindernisses sind.

Die Richter begründen ihre Entscheidung mit einer logischen und praxisnahen Beweislastverteilung. Grundsätzlich besteht eine Vermutung für die Gutgläubigkeit eines Markenanmelders. Es ist daher die Aufgabe des angreifenden Unternehmens, diese Vermutung zu widerlegen.

Dazu muss der Antragsteller schlüssige und übereinstimmende Indizien vorlegen, die eine unlautere Absicht des Anmelders zum Zeitpunkt der Anmeldung belegen. Eine solche Absicht kann beispielsweise darin liegen, den Wettbewerb gezielt zu behindern oder sich an den Ruf einer bekannten Marke anzuhängen, ohne eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.

Erst wenn der Antragsteller die Gutgläubigkeit des Markeninhabers mit handfesten Beweisen ernsthaft erschüttert, ist dieser in der Pflicht, plausible Erklärungen für die Ziele und die wirtschaftliche Logik seiner Anmeldung zu liefern.

Die Karlsruher Bundesrichter stellen dabei auch klar, dass allein das Vorliegen älterer Rechte nicht für die Annahme einer Bösgläubigkeit ausreicht.

Auswirkungen auf die Praxis: Was bedeutet das für Unternehmen?

Die Entscheidung hat weitreichende Folgen für Markeninhaber und Unternehmen, die sich gegen potenziell missbräuchliche Markenanmeldungen wehren wollen.

  • Höhere Hürden für Löschungsanträge: Unternehmen, die eine Marke wegen Bösgläubigkeit angreifen wollen, müssen ihre Vorwürfe sehr sorgfältig mit konkreten Beweisen untermauern. Bloße Vermutungen über die Motive des Anmelders oder die Annahme, eine Marke sei nur zur Behinderung angemeldet worden, reichen nicht mehr aus.
  • Strategische Dokumentation für Anmelder: Markeninhaber sind gut beraten, die wirtschaftlichen und strategischen Überlegungen hinter einer Markenanmeldung intern zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Bezeichnung angemeldet wird, die bereits eine gewisse Bekanntheit genießt. Im Streitfall kann eine solche Dokumentation entscheidend sein, um die eigene Gutgläubigkeit und die wirtschaftliche Logik des Handelns darzulegen.
  • Keine automatische Umkehr der Beweislast: Die Entscheidung stellt klar, dass die Beweislast nicht einfach auf den Markeninhaber übergeht. Der „Ball“ liegt eindeutig im Feld des Angreifers, der die Bösgläubigkeit nachweisen muss.

Fazit

Mit dem „Testarossa“-Urteil stärkt der BGH die Rechtsposition des Markeninhabers gegen Nichtigkeitsanträge wegen bösgläubiger Markenanmeldung.

Der Vorwurf der Bösgläubigkeit bleibt zwar ein scharfes Schwert im Markenrecht, dessen Einsatz jedoch eine solide und nachweisbare Grundlage erfordert.

Unternehmen, die gegen bösgläubige Markenanmeldungen vorgehen möchten, müssen ihre Angriffsstrategien entsprechend anpassen und ihre Vorwürfe sorgfältig belegen.

Gleichzeitig können sich Markeninhaber mit einer durchdachten und dokumentierten Anmeldestrategie, die die eigenen Motive und Umstände darlegt, gegen den Vorwurf der Bösgläubigkeit wehren.

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